AIRMAIL POLITIK // Ausgabe 02 // 2022


 

Luftverkehr unter Druck

Gemeinsam kurz-, mittel- und langfristige Lösungen suchen

Eigentlich ist es Grund zur Freude: Nach der schwersten Krise der Luftfahrt wollen die Menschen wieder reisen. Innerhalb weniger Wochen ist die Nachfrage nach Flügen so stark zurückgekommen, wie es niemand erwartet hat. Noch im ersten Quartal 2022 unterlagen Flugreisen aufgrund von Omikron strikten Reiserestriktionen.

Das Problem jetzt: Das steile Hochfahren des komplexen Luftverkehrssystems von nahezu Null auf derzeit wieder fast 90 Prozent gelingt nicht in der Verlässlichkeit, Robustheit und Pünktlichkeit, die nötig wären. Der sprunghafte Anstieg der Nachfrage überfordert die aktuell verfügbaren Ressourcen bei Flughäfen, Bodenabfertigungsdiensten, Flugsicherungen und Fluggesellschaften. Ein wesentlicher Schwachpunkt in vielen europäischen Ländern – Deutschland gehört leider dazu – ist ein erheblicher Personalmangel.

Davon betroffen ist auch die Lufthansa Group. Die aktuell steigenden Corona-Zahlen führen bei uns zu hohen Krankenständen. In der Pandemie mussten wir zudem zwingend notwendige Restrukturierungen umsetzen, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Mit Krisentarifverträgen und Kurzarbeit konnten in Deutschland betriebsbedingte Kündigungen fast vollständig vermieden werden. Dass wir den schmerzhaften Personalabbau sozial verantwortlich gestalten konnten, lag – neben dem Verkauf unserer europäischen Cateringsparte – im Wesentlichen an vielfältigen Freiwilligenprogrammen. Durch die Kombination aus hohen Krankenständen und reduzierten Kapazitäten fehlen nun auch in unserem Unternehmen an einigen Stellen Mitarbeitende.

Neben den personellen Engpässen belasten technische Störungen den Luftverkehr erheblich. Dazu gehören Ausfälle bei den Flugsicherungen in Deutschland und der Schweiz, die verzögerte Lieferung von Ersatzteilen für Flugzeuge oder regelmäßig schwierige Wetterbedingungen. Der anhaltende Krieg gegen die Ukraine schränkt den nutzbaren Luftraum in Europa zusätzlich stark ein. Massive Engpässe am Himmel sind die Folge. All diese Faktoren waren so nicht absehbar. In Summe führen sie dazu, dass vor allem in Europa nicht alle geplanten Flüge stattfinden können. Lufthansa wird Stand heute im Sommer etwa 95% der vorgesehenen Flüge durchführen.

Was nun? Kurzfristige Abhilfe ist schwierig. Trotzdem versuchen die mehr als 100.000 Mitarbeitenden der Lufthansa Group jeden Tag alles, um ihren Kunden auch unter diesen schwierigen Umständen gerecht zu werden. An unseren Drehkreuzen in Frankfurt und München unterstützen bereits Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung. Ihnen allen, die mit hohem persönlichen Einsatz das System trotz aller Schwierigkeiten am Laufen halten, gebührt nicht nur Dank, sondern Anerkennung und Respekt. Wir wissen und bedauern, dass die Geduld vieler unserer Passagiere, aber auch die Leistungskraft unserer Beschäftigten, derzeit über das zumutbare Maß hinaus strapaziert wird.

Entscheidend ist nun der Schulterschluss aller Beteiligten. Nur gemeinsam können wir der Lage Herr werden. Airlines, Flughäfen, Dienstleister sowie die Deutsche Flugsicherung arbeiten unter Hochdruck daran, Engpässe zu reduzieren und den Fluggästen Planungssicherheit zu geben. Dabei wird die pragmatische Entscheidung der Bundesregierung helfen, die kurzfristige, befristete Einstellung von Arbeitskräften aus Drittstaaten zu erleichtern. Dieses Personal wird bei den besonders belasteten Bodenverkehrsdiensten dringend gebraucht. Ein weiteres Nadelöhr sind die staatlich verantworteten Sicherheitskontrollen. Auch hier braucht es mehr Personal und vor allem den Einsatz moderner Technik, die den Durchsatz an Kontrollspuren erheblich steigern kann. Beamte der Bundespolizei könnten schnelle Verstärkung bieten, da sie bereits sicherheitsgeprüft sind. Eine weitere Möglichkeit wäre, Beschäftigte der Flughafenbetreiber einzusetzen. An manchen Airports ist das bereits Praxis.

Doch trotz aller Bemühungen ist klar: In den nächsten Wochen werden die Passagierzahlen weiter steigen. Die Situation bleibt angespannt. Nahezu alle Unternehmen unserer Branche rekrutieren derzeit neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, allein in Europa sind mehrere Tausend Neueinstellungen geplant. Dieser Kapazitätsaufbau wird sich allerdings erst im kommenden Winter stabilisierend auswirken.

Das kurzfristige Krisenmanagement ist das eine. Mindestens genauso wichtig sind langfristige Veränderungen. Um den deutschen Luftverkehr wettbewerbsfähig und zukunftsfest aufzustellen, wie es die Ampel in ihrer Koalitionsvereinbarung angekündigt hat, brauchen wir vor allem zwei Dinge: eine leistungsstarke Infrastruktur am Boden und in der Luft – zum Beispiel moderne, digitale Technologien bei den Sicherheitskontrollen und der Flugsicherung – und ausreichend Personal. Um in Zukunft genug Arbeitskräfte zu haben, brauchen wir gezielte Zuwanderung. Das gilt für viele Branchen, nicht allein für den Luftverkehr. Daher ist die Ankündigung der Bundesregierung, im Herbst das Einwanderungsgesetz neu zu regeln, ein wichtiger und richtiger Schritt.

 
 
  
 
 

Herausgeber:
Deutsche Lufthansa AG
FRA CI, 
Lufthansa Aviation Center
Airportring, D-60546 Frankfurt

Verantwortliche:
Andreas Bartels
Leiter Konzernkommunikation
Lufthansa Group

Dr. Kay Lindemann
Leiter Konzernpolitik
Lufthansa Group

Redaktion:
Sandra Courant
Leiterin politische Kommunikation
und Media Relations Berlin
Lufthansa Group

Redaktionsschluss:
30. Juni 2022

Agenturpartner:
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