Low-Coster und Netzwerk-Airlines

Strategien im Vergleich 

Die Corona-Krise verschärft den Konkurrenzdruck. Mit staatlicher Hilfe kämpfen Low-Cost-Carrier und Netzwerk-Airlines um ihre Zukunft. Ryanair will gegen das Stabilisierungspaket für Lufthansa klagen. Ein Vergleich der Geschäftsmodelle zeigt große Unterschiede. 

Netzwerk-Airlines befördern Passagiere über Drehkreuze in die ganze Welt. Lufthansa etwa bündelt den internationalen Verkehr in Frankfurt und München. Austrian Airlines, SWISS und Brussels Airlines nutzen die Flughäfen in Wien, Zürich und Brüssel analog. Der Effizienz und Flexibilität stehen hohe Fixkosten gegenüber: Um Zubringerflüge und Langstrecken wirtschaftlich zu absolvieren, ist eine große und heterogene Flotte nötig. Die Strecken- und Kapazitätsplanung ist ebenso aufwendig wie der Personaleinsatz. Bei Qualität und Wirtschaftlichkeit zählt Lufthansa zu den besten Airlines der Welt. Dabei setzen wir auf Tarifpartnerschaft und hohe Sozialstandards. 

Airlines wie Ryanair und Wizz Air haben einen anderen Fokus: niedrige Kosten und geringe Komplexität. Sie bieten innereuropäische Point-to-Point-Verbindungen in hoher Frequenz. An Flughäfen profitieren sie oft von geringeren Gebühren und Subventionen. Eng bestuhlte Kurzstreckenflieger maximal auszulasten, ist die Zielgröße. Die Flotte besteht möglichst aus nur einem Flugzeugmodell. Das spart Kosten für Wartung und Technik sowie für die Ausbildung der Mitarbeiter. Unternehmerisch sind das respektable Leistungen. Die aber haben ihren Preis.

Stichwort Personal. Hier sparen die Low-Coster massiv. Dienstleistungen werden outgesourct. Geringe Löhne, Scheinselbständigkeit und kurze Kündigungsfristen sind keine Seltenheit. Der Einfluss der Sozialpartner wird gezielt minimiert. Wie der CEO der ungarischen Wizz Air kürzlich zugab: „Gewerkschaften zerstören das Geschäft.“ Das Schöne an einer flexiblen Airline sei, einfach die Basis schließen zu können, sobald Gewerkschaften Mitsprache einforderten. 

Wer die Arbeitsbedingungen am Minimum ausrichtet, hat auch in der Krise leichteres Spiel. Etliche Low-Coster nutzen ein Hire-and-Fire-System, um kurzfristig Personal abzubauen und Kosten zu senken. Überdies leistet die Bank of England finanzielle Nothilfe u.a. für Ryanair, British Airways, Easyjet und Wizz Air. 

Weiterer Vorteil für die Low-Coster: Der Luftraum in Europa öffnet weitgehend einheitlich. Weltweit hingegen herrscht ein Sammelsurium von Vorgaben und Beschränkungen. Das wiederum trifft die Netzwerk-Airlines.

Aufgrund hoher Fixkosten und längerer Anlaufzeiten beim Restart sind viele Netzwerk-Airlines auf staatliche Hilfe angewiesen. In der EU unterliegen Stabilisierungsmaßnahmen den Vorgaben des Beihilferechts. Die gelten für Low-Cost-Carrier und Netzwerk-Airlines gleichermaßen. Wenig Transparenz hingegen herrscht bei den Carriern am Golf, in China oder in der Türkei. Hier sind kaum Informationen über etwaige staatliche Hilfspakete zugänglich. Deren Wirkung auf den internationalen Wettbewerb ist derzeit unklar.

Staatliche Eingriffe können den internationalen Wettbewerb einschränken. Sie müssen eine Ausnahme in der Krise und zeitlich begrenzt sein. Darauf hinzuweisen, ist grundsätzlich richtig. Wer aber Äpfel mit Birnen vergleicht und sich zugleich niedrige Sozialstandards zunutze macht – dessen Kritik überzeugt nicht.

Aktuelle Langstreckenziele im Vergleich
Lufthansa fliegt bis Ende Oktober rund 70 Prozent der ursprünglich geplanten Langstreckenverbindungen an.

Länder aller außereuropäischen Ryanair-Ziele: Israel, Jordanien, Libanon und Marokko; Quellen: Suchmaskenfunktion unter www.ryanair.com/gb/en/cheap-flights, Stand 8. Juli 2020; Lufthansa Group

Aktuelle Langstreckenziele im Vergleich
Lufthansa fliegt bis Ende Oktober rund 70 Prozent der ursprünglich geplanten Langstreckenverbindungen an.

Länder aller außereuropäischen Ryanair-Ziele: Israel, Jordanien, Libanon und Marokko; Quellen: Suchmaskenfunktion unter www.ryanair.com/gb/en/cheap-flights, Stand 8. Juli 2020; Lufthansa Group

Aktuelle Flugziele im Vergleich

Lufthansa fliegt bis Ende Oktober rund 70 Prozent der ursprünglich geplanten Langstreckenverbindungen an.