Wettberwerb

Ryanair:

Die „at others’ cost“ Airline

Ryanair will in Deutschland den eigenen Marktanteil von gegenwärtig 9 auf 20 Prozent mehr als verdoppeln. Dabei kämpfen die Iren mit harten Bandagen: Die Politik wird verhöhnt, Kommunen und Landespolitik werden gegeneinander ausgespielt und Mitarbeiter zu Dumpinglöhnen beschäftigt – und zwar zunehmend auf deutschem Boden.

„Ryanair ist gewiss kein Arbeitgeber, wie ich ihn mir wünsche.“

Tarek Al-Wazir
hessischer Wirtschaftsminister

„Es ist unfair, wenn Crews mit irischen Verträgen, zu irischen Arbeits- und Entlohnungsbedingungen von Belgien aus fliegen.“

Frank Bsirske
ver.di-Vorsitzender

„Die Ryanair-Piloten wollen einen stabilen Arbeitsvertrag mit direkter Anstellung.“

Jon Horne
Vice-President der europäischen Pilotengewerkschaft  ECA 

„Ryanair ist ein Unternehmen, das auf Kosten der Kommunen, der Steuerzahler und der eigenen Arbeitnehmer riesige Gewinne macht.“

Michael Müller
Regierender Bürgermeister von Berlin

„Wir sind wütend, dass Ryanair sich nicht an das Gesetz hält und ihren Kunden nicht das gewährt, was ihnen zusteht.“

Andrew Haines
Chef der britischen Zivilluftfahrtbehörde CAA

„Wir sind regelmäßig erpresst worden und waren zum Spielball von Ryanair verkommen.“

Michael Wolf
Oberbürgermeister der Stadt Altenburg/Thüringen

„Ich halte fest, dass wir die Bedingungen, zu denen Ryanair seine Mitarbeiter beschäftigt, ganz und gar nicht gut finden.“

Heiko Kasseckert
Mitglied des Hessischen Landtags

Milliardengewinne und Sozialdumping – zwei Seiten einer Medaille

Ryanair rühmt sich als äußerst erfolgreiche Airline. Und tatsächlich: Der Konzern hat seit 2011 Gewinne in Höhe von rund fünf Milliarden Euro erzielt. Auf dem Rücken der Arbeitnehmer: Denn Ryanair entzieht sich seit jeher seiner Arbeitgeberverantwortung und operiert am Rande der Legalität. So kritisieren nicht nur Gewerkschaftler, dass manch Ryanair-Vollzeitbeschäftigter in Deutschland nicht einmal den gesetzlich geltenden Mindestlohn erhalte. Die Gründung von Betriebsräten werde systematisch unterbunden. Firmenchef Michael O’Leary: „Wir erkennen die Pilotengewerkschaft nicht an, deswegen machen sie uns Probleme, also sollen sie zur Hölle fahren.“

Ein besonders heikles Thema sind die Beschäftigungsverhältnisse der Piloten. Diese arbeiten bei Ryanair nach Presseberichten oftmals als Scheinselbstständige, was gegen geltendes Recht verstößt. Vorteile für Ryanair: Die Leiharbeiter haben keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub, der Konzern muss den Piloten im Krankheitsfall kein Gehalt zahlen und er kann sie nach Belieben entlassen. Nicht nur Gewerkschaftler, auch Fliegerärzte problematisieren, dass Piloten damit massiv unter Druck gesetzt werden. Denn wo klassisch angestellte Mitarbeiter sich krank melden können, stünde bei ohnehin unterdurchschnittlich vergüteten Ryanair-Piloten leicht die Existenz auf dem Spiel, wenn die zahlreichen Medienberichte stimmen. Diese Beschäftigungskonstruktionen gehen einseitig zulasten der Piloten.

Kein verlässlicher Partner für Flughäfen

Ryanair belastet aber nicht nur seine Mitarbeiter, sondern liegt auch den Steuerzahlern auf der Tasche. So spielt die Fluggesellschaft Kommunen mit defizitären Kleinstflughäfen regelmäßig gegeneinander aus. Michael O’Leary formulierte zum Ryanair-Start in Cochstedt bei Magdeburg 2011: „Die Formel ist einfach. Wenn die Kosten steigen, verlässt Ryanair den Flughafen wieder.“

Anders formuliert: Wenn die Subventionen nicht mehr fließen, sucht Ryanair das Weite. So hat die Airline im thüringischen Altenburg zunächst Marketingzuschüsse von mehreren Hunderttausend Euro pro Verbindung eingestrichen. Für Ryanair wurde am Flughafen sogar in ein zweites Terminal investiert. Doch dieses wurde nur neun Monate nach Eröffnung obsolet. Denn als Land und Stadt die Werbezuschüsse nicht mehr übernehmen wollten, zog Ryanair ab. Anschließend schlug Ryanair ihre Zelte im nur 170 Kilometer entfernten Cochstedt auf – und verließ auch diesen Airport. Ähnliches erlebten Lübeck, Friedrichshafen oder das österreichische Klagenfurt.

Ryanair macht Schlagzeilen

Die Zeichen mehren sich, dass das rücksichtslose Geschäftsgebaren von Ryanair an seine Grenzen stößt. Ende September hat Andrew Haines, Chef der britischen Zivilluftfahrtbehörde CAA (Civil Aviation Authority), im Zuge der Streichung zig Tausender Ryanair-Flüge der Airline eine „permanente Irreführung“ von Passagieren vorgeworfen. Ryanair habe den Passagieren nicht mitgeteilt, dass sie das Recht hätten, auf andere Airlines umgebucht zu werden. Kurz zuvor hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Ryanair-Personal an den Gerichten arbeitsrechtliche Streitigkeiten vortragen darf, an denen sie ihre Heimatbasis haben. Mitarbeiter können künftig also deutlich leichter ihre Rechte einfordern. Dass es unter der Belegschaft rumort, ist ein offenes Geheimnis. So opponieren Medienberichten zufolge die Piloten: Sie organisieren sich und fordern bessere Arbeitsbedingungen für alle Ryanair-Mitarbeiter. Staatsanwälte in Deutschland und anderen EU-Ländern vermuten hinter der Beschäftigung scheinselbstständiger Piloten seit Jahren Steuer- und Sozialbetrug. Zahlreiche Ryanair-Basen wurden bereits durchsucht. Ryanair pflegt den Ruf der Low-Cost-Airline. Angesichts des Geschäftsgebarens wäre „at others‘ cost" Airline treffender. 

Staatlich geförderter Expansionsdrang

Irlands Schuldenberg beträgt über 200 Milliarden Euro. Die Pro-Kopf-Verschuldung übersteigt sogar die Griechenlands deutlich. Gleichwohl gewährt der Staat Ryanair niedrigste Steuern und erließ trotz Finanzkrise 2014 die zuvor geltende Luftverkehrsteuer komplett. Die Airline gewinnt damit noch mehr Spielraum, um Gewinne zu steigern, Kapazitäten auszubauen und in Europa weitere Wettbewerber zu verdrängen.

„Ryanair ist gewiss kein Arbeitgeber, wie ich ihn mir wünsche.“

Tarek Al-Wazir
hessischer Wirtschaftsminister

„Es ist unfair, wenn Crews mit irischen Verträgen, zu irischen Arbeits- und Entlohnungsbedingungen von Belgien aus fliegen.“

Frank Bsirske
ver.di-Vorsitzender

„Die Ryanair-Piloten wollen einen stabilen Arbeitsvertrag mit direkter Anstellung.“

Jon Horne
Vice-President der europäischen Pilotengewerkschaft  ECA 

„Ryanair ist ein Unternehmen, das auf Kosten der Kommunen, der Steuerzahler und der eigenen Arbeitnehmer riesige Gewinne macht.“

Michael Müller
Regierender Bürgermeister von Berlin

„Wir sind wütend, dass Ryanair sich nicht an das Gesetz hält und ihren Kunden nicht das gewährt, was ihnen zusteht.“

Andrew Haines
Chef der britischen Zivilluftfahrtbehörde CAA

„Wir sind regelmäßig erpresst worden und waren zum Spielball von Ryanair verkommen.“

Michael Wolf
Oberbürgermeister der Stadt Altenburg/Thüringen

„Ich halte fest, dass wir die Bedingungen, zu denen Ryanair seine Mitarbeiter beschäftigt, ganz und gar nicht gut finden.“

Heiko Kasseckert
Mitglied des Hessischen Landtags

Ryanair und die Piloten – eine ARD-Reportage
Ende März hat die ARD eine vielbeachtete Reportage zur Beschäftigungssituation der Piloten bei Ryanair ausgestrahlt.